Pflichtteil
Nach einem Erbfall steht den Kindern und dem Ehepartner des Verstorbenen ein Pflichtteil zu, wenn sie von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind. Der Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge wird in den meisten Fällen durch eine Enterbung ausgelöst. Eine Enterbung muss nicht ausdrücklich ausgesprochen sein, sondern liegt immer dann vor, wenn der Erblasser (der Verstorbene) an Stelle eines gesetzlichen Erben jemand anderen zum Erben bestimmt hat.
Der Erbe kann sich aber auch selbst von der Erbfolge ausschließen, indem er die Erbschaft ausschlägt. Die so genannte „taktische Ausschlagung“ kann dann sinnvoll sein, wenn die Erbschaft eines Pflichtteilsberechtigten durch Vorgaben in dem Testament belastet ist.
Beispiel: Herr W. bekommt das Erbe seines Vaters zugesprochen. Der Vater hatte allerdings per Testament verfügt, dass ein Testamentsvollstrecker das Erbe für Herrn W. verwalten soll. Damit ist Herr W. nicht einverstanden. Er schlägt das Erbe deshalb aus und fordert den Pflichtteil. Der Pflichtteil kann in aller Regel nicht vom Testamentsvollstrecker verwaltet werden (Ausnahmen: Bei Minderjährigen oder bei einer so genannten „Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht“ *)
Pflichtteilsberechtigt können auch Enkel des Verstorbenen sein. Wenn das Kind eines Verstorbenen vor dem Erbfall selbst bereits verstorben ist, sind dessen Kinder (Enkel) pflichtteilsberechtigt. Sind Eltern und Großeltern verstorben, können Urenkel pflichtteilsberechtigt sein.
Hat ein Verstorbener keine Kinder, können auch dessen Eltern – sofern sie noch leben – einen Pflichtteilsanspruch haben.
Alle anderen außer den hier genannten Personen können keinen Pflichtteil fordern. Ein Pflichtteil kann also niemals Großeltern, Geschwistern oder weiteren Verwandten zugesprochen werden, auch wenn sie die zum Erbfall nächsten noch lebenden Verwandten des Verstorbenen sein sollten.
Aber Vorsicht! Wenn ein Pflichtteilsanspruch schon entstanden ist, vererbt der Pflichtteilsberechtigte diesen an seine Erben.
Beispiel: Herr W. wurde durch seinen Vater enterbt. Nach dem Tod des Vaters steht Herrn W. ein Pflichtteil zu. Diesen fordert er zunächst nicht ein. Später verstirbt Herr W. und hinterlässt ein Erbe, welches seine Frau und Kinder bekommen. Frau und Kinder des Herrn W. können nun den Pflichtteil fordern.
* „Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht“: Die „Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht“ ist eine Möglichkeit für Erblasser, die ihr Vermögen nach dem Tod vor Verschwendung oder Schulden ihrer Kinder, ggf. Enkel oder Urenkel schützen möchten. Durch diese Beschränkung können sie sicherstellen, dass das Familienvermögen erhalten bleibt und nicht durch unverantwortliches Verhalten der Erben gefährdet wird.